Utes Texte



Ein Tag im Leben meiner Emma

Hallo, also ich bin Emma, eine echte Berner Sennenhündin. Und nicht vom Deutschen Roten Kreuz, sondern ich habe ein Schweizer Weißes Kreuz auf der Brust. Auch meine Zehnspitzen und meine Schwanzspitze sind weiß. Ich glaube, am meisten lieben meine Mama und mein Papa meinen Po, den kraulen sie nämlich immer ausgiebig.
Wenn mein Papa morgens früh herunterkommt in mein Schlafzimmer, das meine Menschen glaube ich Wohnzimmer nennen, öffnet er mir gleich die Balkontür.
Als erstes trinke ich auf der Terrasse frisches Wasser, das heute nacht ganz frisch aus dem Himmel gefallen ist. Schade, dass nicht auch mein Futter so vom Himmel fällt, denn da muss ich immer erst mal nachhaken. Manchmal sitze ich ewig vor meinem Napf in der Küche vorm Kühlschrank. Die fallen schon immer über mich, glaubst du, da denkt einer an meinen knurrenden Magen. Tssss. Bei meinen Geschwistern Liesa und Bastian versuche ich das erst gar nicht, auch meine Mama braucht ewig, bis die etwas merkt, nur mein Papa, der liest mir jeden Wunsch von meinen Augen ab. Ich lege mich natürlich schon so hin, die Schnauze auf meine gefalteten Vorderpfoten mit schmachtendem Blick zu meinem Papa. Dann brauche ich nicht lange zu warten und er gibt mir saftiges Fleisch aus der Dose, mein Lieblingsfressen.

Wenn er zu faul ist, in der Garage eine neue Dose zu holen, dann gibt's nur Trockenfutter. "Naja, ma koh's esse", würde der Schwabe sagen. Ich als Schweizerin sage dazu lieber nichts.

Mit einem Seufzer lege ich mich nachher wieder hin. Dann wissen die's, wie schwer ich es manchmal mit ihnen habe. Jetzt aber freue ich mich erst mal auf den Spaziergang mit meiner Mama. Morgens gehen wir immer über die Felder und treffen meinen Freund Krümel, zwar nur ein Mischling, aber mit dem verstehe ich mich blendend. Wir laufen um die Wette, kämpfen abwechselnd um ein Stöckchen und am besten ist es in der Herbstzeit, wenn die Äpfel und Birnen runterfallen. Dann gibt's Obstsalat.
Unsere Frauchen suchen das Fallobst auf und werfen es uns zu. Entweder machen wir vorher Sitz und wir müssen es genau in unserem Maul fangen - das ist Krümels Lieblingssport - oder sie werfen die Äpfel ganz weit weg und wir müssen hinlaufen und sie finden - mein Lieblingssport. Und dann esse ich den Apfel ganz schnell auf. Hmmnhhh...! manche Sorten schmecken besonders gut, nach zwei, drei Tagen merkt's meine Mama meist, wo meine Lieblingssorte hängt und dann gibt's unter dem Baum besonders viel Salat.

Leider ist nach einer Stunde morgendlichen Spaziergangs erst mal Pause, dann verzieh ich mich zu Hause in irgendein Zimmer, dann guckt mich meine Mama nicht mehr an, das Gefühl habe ich jedenfalls. Meist holt sie erst mal solch eine Höllenmaschine raus und schiebt mit dieser saugenden Blechstange durch die Gegend, in alle Zimmer, natürlich auch in der Ecke, in die ich mich gerade verzogen habe. Blödes Ding, macht Krach und zieht mir alle Haare aus der Haut, wenn ich nicht aufpasse.

Aber ich passe ja auf und laufe immer schnell weg, wenn mir die Öffnung zu nahe kommt. Genervt bin ich, wenn das graue Quadrat klingelt, das in jeder Ecke rumliegt. Mama läuft mit dem Ding am Ohr rum und spricht mit sich selbst. Am Anfang bin ich immer hinter ihr her, weil ich dachte, sie spricht mit mir, aber nein, sie quatscht in das Metallteil rein. Komisch!

Dann hockt sie stundenlang vor einem Bilderrahmen und starrt da drauf oder schlägt mit ihren Fingern auf einen Kasten, der vor ihr liegt. Was Menschen so alles interessant finden. Das könnte mich nicht begeistern. Bewegt sich nicht, riecht nicht und schmecken tut's auch nicht.
Mittags kommt dann zum Glück ein bisschen mehr Leben in die Bude. Meine Geschwister kommen nach Hause und wollen was essen, logisch, wie ich. Dann sitzen alle an der Holzplatte, jeder hat einen eigenen Napf vor sich und sie klappern darin mit so komischen Metallstäben und stecken einzelne Stücke in den Mund. Man kann sich das Fressen auch schwer machen. Gut, dass ich nicht von der Holzplatte essen muss.

Dann kommt wieder ein besserer Teil des Tages; meine Schwester Liesa bürstet mich vielleicht, zumindest krault sie mich ein bisschen hinter den Ohren. Oh, ich liebe das, und sie spricht mit mir, das ist schön, wenn man als Mitglied der Familie behandelt wird.
Und dann sagt Mama mein Lieblingswort: "mit".
Das kenne ich. Selbst wenn es meine Menschen in ganz anderem Zusammenhang verwenden, höre ich es heraus und spitze sofort meine Ohren, stehe auf und dränge zur Haustür.

Sie öffnet mir die Autotür, ich springe hinten auf die hintere Sitzbank und sitze stolz rechts hinter meiner Mama. Ja, solch ein Hundetaxi hat nicht jeder Hund!

Dann geht's in den Wald und ich kann meine Nasen-Zeitung lesen, d.h. ich berieche jeden Grashalm und stelle fest, welche Informationen mir die Vorwanderer hinterlassen haben. Der Nachmittagsspaziergang ist ruhiger als morgens, denn im Wald muss ich an der Leine laufen.
Abends kommt dann mein Papa nach Hause, eine Riesenfreude. Dann darf ich aufs Sofa und er massiert mich erst mal kräftig durch. Den Abendspaziergang macht oft er mit mir, aber der ist kurz. Macht nichts, ich freue mich schon wieder auf den nächsten Morgen.